Über Zazen und Meditation

Zazen ist Sitzen in Stille.

 

Die geeignetste Sitzposition ist die klassische Meditationshaltung in der man mit gekreuzten Beinen (Lotussitz, “Schneidersitz”) auf einem geeigneten Kissen auf dem Boden sitzt. Dieser Sitz bietet eine große Sitzstabilität und ermöglicht es, längere Zeit am Stück konzentriert und unbewegt zu sitzen, was die Grundlage für die kraftvolle Stille des Zazen bildet. Wer aus körperlichen Gründen nicht diesen Sitz einnehmen kann, kann alternativ auch auf einem Stuhl sitzen (Rücken gerade, nicht anlehnen, Oberschenkel bilden ein stabiles Dreieck).

 

Für Zazen gibt es viele Anleitungen im Internet, diesen möchte ich ungern eine weitere unvollständige hinzufügen. Jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass es im Zen viele verschiedene Schulen gibt, deren Übungen und Techniken sich teils grundlegend, teils nur in gewissen Details voneinander unterscheiden, vor allem in der Anfangsphase des Übungsweges. Eine zu starke Vermischung verschiedener Ansätze sollte in dieser Phase vermieden werden, da dies eher zu Verwirrungen als zu zusätzlichen Einsichten führen kann.

 

Daher möchte ich hier nur kurz eine Auswahl der Grundtechniken der Zen-Richtung angeben, in deren Tradition wir üben. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass es nicht empfehlenswert ist, auf sich allein gestellt mit unterschiedlichsten Techniken wild herum zu experimentieren. Dies kann vor allem bei Anfängern zu gewissen Verwirrungen führen, die durch den Übenden selbst nicht gleich als solche erkannt werden, sondern für besondere Einsichten gehalten werden können. Der Austausch mit einem Lehrer oder einem "älteren" Schüler ist auf dem Zen-Weg daher ein wichtiger Bestandteil der Praxis.

 

Die Grundübung ist das Atemzählen bzw. Atembetrachten.

 

Diese Übungen werden sowohl von Anfängern als auch von Fortgeschrittenen praktiziert. Durch das Konzentrationsobjekt (Zählen bzw. Atem) hat man einen wirkungsvollen Anker für die Aufmerksamkeit. Dadurch wird einerseits der meist unruhige Geist zur Ruhe gebracht, andererseits findet ein Geistestraining statt, welches dazu beiträgt, dass die Funktionsweise des eigenen Geistes mehr und mehr durchschaut werden kann.

 

Eine weitere Übung ist die Praxis des reinen Gewahrseins bzw. Shikantaza.

 

Hat man eine gewisse Geistesruhe erreicht oder ist der Gleichmut gegenüber den eigenen Gedanken ausreichend entwickelt, sodass man die auftauchenden Gedanken mit aller Offenheit beobachten kann, aber keinen Impuls mehr verspürt darauf mit weiteren und weiteren Gedanken zu reagieren, so kann die Übung des reinen Gewahrseins praktiziert werden. Dabei ist die bildliche Vorstellung hilfreich, dass der eigene Geist offen klar und weit ist wie der grenzenlose Himmel, und die Gedanken die in unserem Geiste auftreten so flüchtig sind wie die Wolken, die auftreten und wieder abziehen, ohne dass wir diese festhalten oder wegblasen müssten. Hierbei ist es ganz wichtig zu sehen, dass das Abziehen der Wolken ohne ein geringstes Zutun ganz von alleine geschieht. Bei dieser Praxis darf nicht angenommen werden, dass der Übende in eine passive Lethargie verfällt. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Wir sind hellwach und nehmen alles wahr, alle Sinne sind 100%ig eingeschaltet.

 

Typisch für die Richtung des Rinzai-Zen ist die zusätzliche Praxis mit Koan.

 

Koan sind kurze überlieferte Texte, welche eine Begegnung zwischen Zen-Meistern bzw. zwischen Meister und Schüler darstellen. Diese Geschichten muten bei genauerem Hinsehen oft Paradox an. Bei der Arbeit mit einem Koan versenkt der Schüler sich in das Koan und die vom Meister dazu gestellte Frage und versucht so das Paradox im Koan aufzulösen und somit zu einem tieferen Verständnis des Koans zu gelangen. Dieses Verständnis wird im 4-Augen- Gespräch (Dokusan oder Sanzen) dem Lehrer vorgelegt, welcher die Tiefe des Verständnisses beurteilt. Koan können in ihrer Tiefe nicht durch den rationalen Verstand begriffen und gelöst werden, sondern nur durch einen intuitiven Ansatz von innen heraus aufgelöst werden.

Dies mag für einige Leser auf den ersten Blick vielleicht etwas komisch klingen, jedoch verhält es sich hierbei eigentlich wie mit allem anderen auch, was uns in unserem Leben bewegt. Liebe, Hunger, Angst, Freude, Schmerz, Dankbarkeit usw. können nicht durch eine rationale Analyse begriffen werden. Ihr Verständnis und ein heilvoller Umgang mit ihnen bedarf eines intuitiven Verständnisses der Situation, aus dem heraus gehandelt wird.

Die Arbeit mit Koans ist ein Hilfsmittel, welches dazu beiträgt, im Laufe unseres Übungsweges ein intuitiveres Verständnis der Gegenwart und somit ein feineres Gespür für den gegenwärtigen Augenblick zu entwickeln.